Verländerung der Einforstungsgesetzgebung
Unter dem Titel „Moderner Bundesstaat“ sieht das Regierungsprogramm 2017-2022 einerseits eine Reduktion der Zustimmungsrecht von Bund und Ländern zu Maßnahmen gegenbeteiligter Gebietskörperschaften vor, sowie andererseits eine Entflechtung der Kompetenzverteilung. Um diese Bestrebungen umzusetzen wurde vom Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz ein Entwurf zu einem Bundesverfassungsgesetz ausgearbeitet, der unter anderem vorsieht, den Kompetenztatbestand der Bodenreform, zu welchem auch die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte gehört, von Artikel 12 Abs 1 Z 3 in den Artikel 15 Abs 1 des Bundesverfassungsgesetzes (B-VG) zu verschieben. Dieser Gesetzesentwurf ging im Juni 2018 in Begutachtung und wurde nach durchlaufen des Gesetzgebungsweges am 13.12.2018 im Parlament beschlossen, wodurch sich der Kompetenztatbestand der Bodenreform künftig in Artikel 15 Abs 1 B-VG wiederfinden wird.
Die Verteilung der Staatsfunktionen ist überwiegend in den Kompetenzartikeln 10 bis 15 des B-VG geregelt. Bisher befand sich der Kompetenztatbestand der Bodenreform in Artikel 12 B-VG, welcher dem Bund die Grundsatzgesetzgebung und den Ländern die Ausführungsgesetzgebung sowie die Vollziehung zuordnet. Bezogen auf die zur Bodenreform gehörende Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte bestand vor der Verfassungsreform auf Bundesebene das Grundsatzgesetz über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte, BGBl Nr. 103/1951. Auf Landesebene bestehen die Einforstungslandesgesetze, welche von den Agrarbehörden vollzogen werden.
Das Grundsatzgesetz über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte (WWGG) als Wiederverlautbarung der Verordnung der Bundesregierung vom 30.6.1933, BGBl. Nr. 307/1933, verankert einerseits den rechtlichen Charakter dieser anstelle einer Waldrückgabe verbrieften Nutzungsrechte, andererseits legt es jene Grundsätze und Eckpfeiler fest, innerhalb derer die Länder die Einforstungsgesetze auszugestalten haben. Schon wie das Kaiserliche Patent aus 1853 gewährleistet das WWGG im föderalistischen Rechtsstaat Österreich bisher eine gebotene Gleichbehandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte in den Bundesländern. Nachstehende Abbildung soll dies vereinfacht darstellen.
Die nun erfolgte Verschiebung der Bodenreform in den Artikel 15 Abs 1 B-VG führt zum ersatzlosen Entfall des WWGG, da Artikel 15 Abs 1 die Gesetzgebungskompetenz ausschließlich den Ländern zuordnet. Die Länder sind also künftig bei der Erlassung der Landeseinforstungsgesetze nichtmehr an die im WWGG normierten Grundsätze gebunden.
Mit der Nichterfüllung der dem Bund in Art. 12 Abs. 1 Z 3. B-VG zugeschriebenen Aufgabenstellung und mit einem Entfall jener die Landesausführungsgesetzgeber bindenden Grundsätze wird es zu einem Auseinanderdriften der Landeseinforstungsgesetze und daraus resultierend, zu Ungleichbehandlungen kommen. Für die Nutzungsberechtigten sowie die belasteten Grundeigentümer wird es kaum verständlich sein, weshalb Rechte gleicher Form und gleichen Ursprungs jenseits der Landesgrenze künftig einen ungleich anderen Schutz, eine andere Behandlung erfahren oder überhaupt im Wege unterschiedlicher Ablöseformen beseitigt werden.
Der Einforstungsverband sowie die Landwirtschaftskammer Österreich als auch die Verpflichteten haben sich daher ausdrücklich gegen die Verschiebung der Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte in den Artikel 15 Abs 1 ausgesprochen. Bereits im Begutachtungsverfahren hat der Einforstungsverband eine entsprechende Stellungnahme abgegeben und die Belassung der Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte in Artikel 12 und somit den Erhalt des WWGG gefordert. Des Weiteren hat der Einforsungsverband beim Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus (BMNT) vorgesprochen und die Wichtigkeit der Aufrechterhaltung des WWGG betont und das BMNT um Unterstützung ersucht. Da wie oben bereits erwähnt ein Entfall des WWGG nicht nur negative Folgen für die Berechtigten sondern auch für die Verpflichteten haben wird (bspw. in Form eines höheren Verwaltungsaufwandes), ist der Einforstungsverband mit der Interessenvertretung der Verpflichtetenseite, den Land- und Forstbetrieben Österreich, in einem gemeinsamen Schreiben an die Bundesregierung herangetreten, in welchem die Belassung des WWGG in Artikel 12 ausdrücklich gefordert wurde. Dadurch sollte nochmals die Wichtigkeit einer Grundsatzgesetzgebung im Bereich des Einforstungsrechtes unterstrichen werden. In einem letzten Schritt wurde das gemeinsame Schreiben gesondert an alle Regierungsclubs übermittelt.
Leider jedoch waren die Bemühungen nicht von Erfolg gekrönt und so wurde die Verschiebung der Bodenreform in den Artikel 15 Abs 1 B-VG und somit auch die gänzliche Verländerung der Einforstungsrechte am 13.12.2018 im Paket gemeinsam mit einer Vielzahl anderer Gesetzesänderungen im Parlament beschlossen.
Der Einforstunsverband wird die Entwicklungen auf landesgesetzlicher Ebene jedenfalls genauestens im Auge behalten und nachteiligen Entwicklungen für die Eingeforsteten entsprechend entgegentreten.
Für Fragen zu diesem Thema steht der Einforstungsverband gerne zur Verfügung.